Mittagssonne

Eine lange Dunkelheit hatte mich umfangen. Ich trieb dahin in einem Nebel aus grauen Schwaden und nur in der Ferne konnte ich das Licht der Sterne erkennen. Ich habe mich an das letzte Licht geklammert, das ich finden konnte. Es hat die Form einer Sonnenklinge. Wie lange ich dahintrieb? Ich weiß es nicht mehr.

Doch endlich waren sie da. Erst noch undeutliche Seelen, eine von ihnen jung, wild und stark, eine andere ernst, rechtschaffen und ein wenig unsicher. Da waren noch andere, manche heller, manche dunkler, manche einander zugewandt. Alle sterblich. Alle, bis auf eine. Doch ich entschloss mich der rechtschaffenen, sterblichen Seele zu folgen. Sie sollte mich von der Dunkelheit befreien. Ich trauere um Brysis. Sie ist der Dunkelheit verfallen.

Es fällt mir sehr schwer mich zu erinnern. Alles geschah in einem Augenblick und verschwand wieder. Eine Reise? Eine Wanderung durch die Dunkelheit. Erhellt durch mein Licht. Eine schockierende Begegnung mit dem ungebändigten, gewalttätigen Chaos! Gespräche mit der rechtschaffenen Seele. Wut und Zorn gegen verderbe und untote Wesen. Wieder das Chaos. Fremdartige Familien. Eine Wanderung durch die Dunkelheit.

Die ersten Strahlen der Morgensonne über Faerûn haben mich mit neuer Kraft erfüllt. Die Seelen um mich herum waren zum ersten Mal deutlich für mich zu sehen. Die Gruppe Sterblicher, die mich aus der Dunkelheit befreiten. Jung sind sie alle und so voller Leben! Ein Elf namens Maeral nennt einen Zwerg mit Namen Gumba seinen Bruder. Ich denke, ich sollte noch eine Weile im Licht der Sonne baden, damit ich meinem Intellekt trauen kann, bevor ich mir hier ein Urteil erlaube. Die Barbarin Anselma erkenne ich wieder. Sie war es, die mich als erste der Dunkelheit entriss. Der Gnom Paggen ist so erfindungsreich wie andere seiner Art, an die mich vage erinnern kann. Der Rechtschaffene und von mir erwählte Träger der Klinge jedoch, so jemanden bin ich noch nie gewahr geworden. An seinen Namen erinnere ich mich gut, Oda-Nobunaga Daardendrien ist es. „Snake Eyes“ sollen ihn die Freunde nennen. Ein Männchen ist er, das ist sicher. Ein Mischwesen aus Drachen und Mensch! Oder doch ein zu groß geratener Kobold? Vielleicht eine Art Yuan-Ti? Letzteres würde zum Spitznamen passen. Das Beste wird es jedoch sein, weiter aufmerksam zu beobachten und mich zu erinnern.

Triboar Marktplatz

Die Ortschaft, die wir betreten wird Triboar genannt. Erstaunlich, wie rückständig die Leute hier leben. Pferde und Ponys werden hier am Boden gezüchtet. Handwerker arbeiten an Wagen und Kutschen. Ein Halbdämon begrüßt uns. Nemyth, ruft er, sei sein Name, Wirt der Taverne Waffenkammer ist er, einen Trunk bietet er uns an. Niemand scheint Anstoß an seiner Erscheinung zu nehmen. Ich fühle Verwirrung.

Von Kriegen mit Drachen und Orks ist die Rede. Es wird mir nicht klar, in welchem Demesnes wir uns befinden. Die Barbaren scheinen hier die Herrschaft zu haben, die Regentin der kleinen Siedlung ist freundlich, aber keineswegs magiebegabt. Lord Protektor Darathra Shendrel wird sie genannt. Das „Lord“ bezieht sich wohl auf eine Allianz der Lords, eine Rechtsidentität, wie ich vermute. Ein besseres Wort für Häuptlinge oder Stammesführer? Ich ermahne mich erneut vorsichtig zu sein und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Mein Denken ist immer noch vernebelt. Die Gruppe Sterblicher begibt sich zum Nordschild Haus in Triboar. Die Wirtin mit Namen Urgala Meltimer nimmt sie gegen Münze auf. Welche Freude es ist zu beobachten, wie die Leute sich an gewöhnlichen Speisen und Getränken erlaben. Es obliegt mir nicht hier zu urteilen, auch ich kann mich an den einfachen Hütten der Bewohner erfreuen, nach diesen Äonen in der Dunkelheit. Zufrieden lasse ich mich von den angeregten Gesprächen treiben.

Bewohner von Triboar

Es begibt sich, dass die Sterblichen Handel treiben. Es wird geschachert, gekauft und verkauft. Einen Narth Tezrin lernen wir kennen, von einem Krämersladen mit der Bezeichnung Löwenanteil. Der Herr Gumba berichtet von einem Ghelryn Foehammer, dem zwergischen Schmied der Siedlung. Manche Dinge ändern sich dann offenbar doch nicht. Bei all dem bemerke ich, dass nicht nur ich Snake Eyes ungewöhnlich finde. Scheinbar gibt es zwar noch mehr von seiner Art, doch selten begegnet man ihnen hierzulande. „Drachengeborener“ höre ich in den Köpfen der Leute. Es wird auch über Ortschaften gesprochen. Keine davon kommt mir bekannt vor. Wo bin ich nur gelandet? Der Sternenhimmel ist mir vertraut, doch sonst kaum etwas. Traurigkeit beginnt die Freude zu verdrängen. Verlorensein überwältigt das Gefühl der Geborgenheit aus dem Nordschild Haus.

Dann eine seltsame Begebenheit. Ein dunkler Geselle verkehrt in dem Gasthaus der Frau Meltimer. Mächtige Magie strahlt der Desperado aus und die Narben vergangener Kämpfe ziehen sich durch seinen Astralleib. Ein mysteriöser „Kriegsheld“ mit einem pompösen Auf- und Abgang im Bunde mit einer jungen Kupferdrachin. Das passt gut. Diese Kupferdrachen waren schon seit alters her dem Unfug und Schabernack zugetan.

Der neue Tag ist erwacht, eine neue Sonne steigt über den Horizont. Im Morgenlicht ist es mir bereits möglich, eine schemenhafte Gestalt zu erzeugen und ich zeige mich Oda-Nobunaga. Er ist verwirrt und eher besorgt, ob sein „Schwert“ noch funktioniert. Zweifelsfrei ein einfacher Charakter.

Zur Mittagszeit sind alle geschäftig. Snake Eyes trägt die Splitterklinge hin zum Zwergenschmied als von Nordosten her zwei gewaltige und schwer gepanzerte Feuerriesen auf Triboar zustürmen! Ein Männchen und ein Weibchen! Und Orks! Einige ebenso schwer gerüstet wie die Riesen, einige leicht bewaffnet und reitend auf Riesenhühnern! Schreie von überall, Felsen fliegen durch die Luft! Ein Kampf steht bevor!

Zeit für glorreiche Heldentaten! Möge das Licht der Gerechtigkeit uns leiten!

Angriff auf Triboar