Schatten und Tentakel


Es gibt keine Zeit einmal durchzuatmen. Selbst die eine Gelegenheit, welche die Tall Hunters unter dem Schutz meines Lichts genutzt haben, fühlte sich gar nicht richtig wie eine Rast an. Auf keinen Fall habe ich eine Pause gehabt, ich muss die ganze Zeit das Licht der Morgensonne herbeirufen. Hierher an diesen Ort der Schatten. Das ist keine kleine Aufgabe. Aber meine Gefährten können sich auf mich verlassen.


Wir hatten also eine missliche Lage durch eine andere missliche Lage getauscht. Das kam so. Wir standen vor der unheimlichen, silbrigen Quadratröhre in der verschütteten Zwergenmine. Mit der festen Überzeugung alle Untoten vernichtet oder vertrieben zu haben. Das war leider nicht ganz richtig. Der Feuerschädel, den wir bereits zertrümmert glaubten, flammte erneut auf und setzte die Tunnel in Brand. Die Tunnel und meine Gefährten. Alle griffen nochmal auf ihre Reserven zurück und besiegten den Totenkopf ein zweites Mal. Mehrere Theorien wurden anschließend ausprobiert, um eine weitere Rückkehr des körperlosen Untoten zu verhindern: Anselma zertrümmerte die Knochen zu feinem Staub, Gumba probierte den Rat von Asha und goss Heiliges Wasser über das Knochennmehl. Möglicherweise hatten sich auch einige Tall Hunters über den Überresten der Unholde erleichtert, aber das hatte ich zum einen nicht genau mitbekommen und zum anderen bezweifle ich doch stark die Wirksamkeit dieser Methodik.

Das Feuer des Untotenschädels hatte die Atemluft in der Zwergenmine noch schlechter gemacht. Viel Zeit blieb meinen Gefährten nicht mehr. Zurück zum Rechtkantrohr. Und hindurch. Die Schilde passten nicht durch die Öffnung und wurden zurückgelassen. Für Snake Eyes war es sehr eng und er musste sich seiner Rüstung entledigen. Auch für die anderen war es nicht wirklich geräumig. Paggen fiel das Kriechen noch am einfachsten. Innerhalb des unheimlichen Bauwerks war es stockfinster. Wie im dunklen Zauber der untoten Hexer gelang es meinem Licht nicht, die Dunkelheit zu vertreiben. Nach einiger Zeit bog die Röhre nach unten ab und wurde zur Rutsche. Mit einem flauen Gefühl sausten alle Tall Hunters hinab, tiefer in den Berg. Zu unserer Überraschung kamen wir aber genau da wieder heraus, wo wir eingestiegen waren. Doch mit ein paar merkwürdigen Unterschieden. Anstatt der Form einer Raute, ragte die Quadratröhre mit der flachen Seite nach unten aus dem Felsen. Mein Licht kehrte zurück, aber verändert. Es reichte nicht so weit wie zuvor und warf auch sehr unheimliche, hartkantige Schatten.

Maeral vermutete im Shadowfell gelandet zu sein. In der Parallelebene der Schatten, die Anselma in Noanar’s Hold möglicherweise schon kurzzeitig besucht hatte. Vorsichtig orientierten sich die Tall Hunters. Der Versuch sich hier außerhalb meines Lichtkreises leise und verstohlen zu bewegen, erwies sich als gefährlich. Überall warteten die dunklen Schatten nur darauf nach den Tall Hunters zu greifen. Mein Licht war ein Schutzschirm für meine Gefährten! Wir verbarrikadierten uns in einem der Räume, die wir aus unserer Heimatebene schon kannten und versorgten unsere Wunden. Diese Mine schien identisch wie die Mine auf der anderen Seite. Glücklicherweise waren wir nicht mehr verschüttet. Immerhin eine gute Sache.

Nach einer unruhigen Rast und bevor weitere Pläne gemacht werden konnten, stürmte Snake Eyes hinaus in den Hof vor der Mine. Die Befestigungsanlage sah so aus, wie sie uns bekannt war. Nur der Himmel war tiefschwarz. Weiße Wolken zogen am Himmel vorbei. Es schien fast so, als ob die Wolken leuchten würden und unsere Umgebung in ein fahles Licht tauchten. Inmitten des Hofs war ein gewaltiges Loch im Boden. Über der Öffnung schwebte eine humanoide Gestalt. Noch bevor die Tall Hunters recht abschätzen konnten, was das für eine Figur sein sollte, führte das resolute Auftreten von Snake Eyes mit meiner leuchteten Klinge in der Hand direkt dazu, dass die schwebende Gestalt dunkle Blitze auf meinen drachengeborenen Träger schleuderte. Der nächste Kampf begann.

Die Tall Hunters verteilten sich. Anselma ließ Ironfang auf den Boden donnern und eine Druckwelle erfasste die fliegende Gestalt in Roben oberhalb des Lochs im Boden. Maeral wirkte einen Flugzauber auf Snake Eyes und wir griffen an. Paggen und Gumba versuchten sich mit magischen Angriffen, doch ein Abwehrschirm rund um unseren Gegner verhinderte wirksam einen Effekt. Der magische Gegenangriff des Unholds sorgte dafür, dass einige meiner Gefährten verwirrt und handlungsunfähig wurden. Glücklicherweise konnten viele mit der Zeit die Benommenheit wieder abschüttelt. Unterdessen erkannten Meister Oda und ich in der Luft, mit welchem Gegner wir es zu tun hatten. Es war ein Gedankenschinder! Ein untoter Gedankenschinder! Wir sammelten unsere Kräfte, doch es gelang uns nicht das Monstrum mit unserer heiligen Energie zu vernichten. Wir drohten in das Loch zu stürzen! Anselma nutzte eine mir unbekannte Fähigkeit: die Tattoos an ihren Armen wurden zu dunklen Ranken und zogen unseren fliegenden Gegner aus der magischen Schutzkuppel heraus und näher an den Boden. Seinem Schutz beraubt scheiterte der Gedankenschinder mit dem Versuch den Geist der Barbarin unter seine Kontrolle zu kriegen. In ihrem Kampfrausch war sie auf so etwas wie Gedanken nicht angewiesen. Der Versuch musste also scheitern. Immer noch ein paar Fuß in der Luft schwebend versuchte der Unhold mit einem Teleportationszauber zu entkommen. Maeral wirkte einen Gegenzauber, um das zu verhindern, doch seine magischen Kräfte waren der des Gedankenschinders unterlegen und im nächsten Augenblick standen nur noch die Tall Hunters im Hof der befestigten Mine. Ein Sieg. Aber wieder ein Sieg der sich schal anfühlte. Erneut gelang es unserem Gegner zu fliehen. Das wird bald ein Ende haben müssen.

Meine Gefährten versorgten erneut ihre Wunden. Anschließend untersuchten wir die Mine. Es war wirklich wie in einer Spiegelwelt. In dem westlichen Raum, den der Diener des Orkus auf unserer Seite für ein Ritual genutzt hatte, fanden wir die toten Körper von zwei elfischen Kriegern.


Wir sind nicht die ersten an diesem Ort. Wir werden aber die sein, die die Ursache für die unheimlichen Vorgänge auf der Materiellen Ebene finden werden. Wir werden Maerals Vater helfen. Wir werden nicht dasselbe Schicksal erleiden wie die beiden Elfen. Dafür werde ich sorgen.

Fiat Lux.