Schmiedefeuer
Tarsakh in the Year of the Scarlet Witch, DR 1491
Savage FrontierWildes GrenzlandLogbuchSavage Frontier Buch 2
995 995 Wörter
02.03.2022 19:14 +0000
Schnell sind sie, die blau gefiederte Kavallerie der Angreifer. Leicht gerüstete, doch schwer bewaffnete Orks sitzen auf dem Rücken flinker Laufvögel. Scharfe Schnäbel und Wurfspeere treiben die armen Leute von Triboar vor sich her.
Ohne zu zögern, werfen wir uns in den Kampf! Es wird eine barbarische Keilerei. Der Zwerg der Schmiede kommt uns brüllend und wild Axt schwingend zur Hilfe gerannt. Wirklich gefährlich erscheinen mir die Orks nicht. Es steht auch zwei gegen zwei. Doch ich täusche mich mit meiner Einschätzung. Snake Eyes und Ghelryn geraten in die Defensive. Der Zwerg wird gar niedergemacht. Ich bin erneut verwirrt. Warum kommt mein drachengeborener Träger dem Schmied nicht zur Hilfe? Stattdessen heilt er sich selbst und hackt weiter wie von Sinnen um sich. Habe ich mich in ihm getäuscht? “Selbstaufopferung, Tapferkeit und Schutz der Schwachen”, frage ich, vergehen bereits im Angesicht der Furcht vor einfachen orkischen Banditen mit Speeren?
Am Rande meines Bewusstseins bemerke ich, wie die Barbarin Anselma ebenfalls ihrer Wut freien Lauf lässt. Eine Wut wie Funkenschlag, durch die magische Kriegshacke in ihrer Hand noch mehr angefacht. Mit einem lauten Donnerschlag zerteilt sie einen der schwer gepanzerten Infanterieorks. Die mir bekannte Raserei der Barbaren des Niederen Netheril ist hier am Werke. Tödlich, gewalttätig und unvermeidlich.
Die Vorsteherin versucht Ordnung in ihre Siedlung zu bekommen und gibt Anweisung zum Rückzug. Die Einwohner fliehen vor dem anrückenden Feuerriesenpaar. Das erscheint mir weise. Feuerriesen sind gewaltige Gegner. Ein ausgewachsener Drache auf unserer Seite und es wäre ein ausgeglichener Kampf. Die junge Kupferne von gestern Nacht würde wohl nur zum Beschimpfen der Gegner taugen. Ist es Mut oder Torheit, welche die Vorsteherin und manche Einwohner dazu bringt, doch die Waffen gegen die Riesen zu erheben? Wie lästige Insekten schütteln die Riesen das kleinere Volk ab.
Ordnung in die Reihen der Verteidiger zu bringen ist schwer für Lord Protektor Darathra. An den Grenzen meiner Sinne spüre ich die anderen. Der junge Maeral kämpft mit Schwert, Feuerkugel und einstudierter doch harmloser Eleganz gegen die orkische Kavallerie. Ich höre lautes Knallen aus der Richtung von Paggen. Der findige Gnom nutzt irgendeine seiner Erfindungen. Sie scheint jedoch nicht so gut zu funktionieren. Möglicherweise wäre es sinnvoller, die Gerätschaften vor ihrem Einsatz zu testen. Aber ich bin keine Ingenieurin, ich sollte mir kein Urteil erlauben. Gumba lässt Feuerbälle fliegen, die den Panzerorks schwer zusetzen. Den Feuerriesen selbstredend nicht.
Weiteres Unheil droht. Magmin beginnen von Norden und Osten her die Gebäude in Brand zu stecken. Mancher der Verteidiger unterbricht doch die Klopperey, um Leuten dabei zu helfen dem Feuer und dem Rauch zu entwischen. Die Absicht der Angreifer wird offenbar. Chaos und Unordnung zu verbreiten ist der Zweck von Orks und Elementarwesen. Die Riesen hingegen haben ein bestimmtes Ziel. Es zieht sie in die Mitte des Ortes. Sie graben. Verteidiger, Pfeile und magische Geschoße umschwirren sie und es kümmert sie nicht. Sie graben weiter und nehmen ihre riesigen Schwerter wie Spaten zur Hand.
Meine Konzentration ist immer noch flüchtig. Mein Geist wandert in die Vergangenheit. Ich stelle mir Brysis vor, schwebend wie die Sonne über dem Kampfgeschehen. Anweisungen gebend. Die Hopliten unter ihr bilden eine Phalanx gegen die angreifenden Horden. Im hier und jetzt ist ein jeder und eine jede auf sich gestellt.
Die Hitze der Magmin prallt gegen die Kälte des Odems von Snake Eyes. Das Geschehen holt meine Gedanken zurück. Die Schmieden beidseits des Weges stehen in Flammen und zufrieden mit ihrem Zerstörungswerk sind die Feuerkreaturen unterdessen dabei die Schuppen und das Fleisch des Drachengeborenen zu verbrennen. Vorsteherin Shendrel galoppiert mit ihrem Pferd Buster über die Orks und Magmin um uns herum. Die Elementarwesen haben eine unangenehme Eigenschaft. Also abgesehen davon, alles in ihrer Umgebung in Brand zu setzen: zerstört man ihren Körper auf dieser Ebene, explodieren sie in einem Feuerball. Das müssen Darathra und Snake Eyes denn auch noch ertragen.
Die Riesen finden etwas. Ein gewaltiges, gebogenes Stück Metall, das sie gemeinsam dem Erdboden entreißen. Die 5-Meter-Frau wirft sich den Metallbogen, der fast so lang wie sie groß ist, über die Schulter. Der Riese treibt sein Schwert wie eine gewaltige Sense in die Verteidiger. Dem armen Narth Tezrin wird das linke Bein abgerissen. Der Schild der Anselma zersplittert wie ihre Rippen. Doch ist es der zerstörte Schild, der sie davor bewahrte an Ort und Stelle zweigeteilt zu werden. Zufrieden grunzt der gewaltige Krieger etwas von “Gekrieche” oder “Gewürm”, spuckt aus und wendet sich mit einer rüden Geste ab.
Gemeinsam kommen die beiden Riesen und einer der überlebenden, schwer gepanzerten Infanteristen in unsere Richtung. Snake Eyes hat noch nicht genug von tollkühner Raserei. Er versucht das Pferd der Vorsteherin zu packen, um den gepanzerten Eindringlingen entgegenzureiten. Das Pferd verfügt über mehr Weisheit als der silber-geschuppte Drachengeborene. Es weigert sich. Tatenlos und voll Zorn muss Snake Eyes mit ansehen, wie die übrigen Angreifer mit ihrer Beute die Siedlung verlassen. In die Richtung, aus der sie erst vor wenigen Augenblicken gekommen waren.
Es war kein glorreicher oder ehrenvoller Kampf. Eine gerechte Sache, ja. Gesetzlose Banditen und Briganten zu bekämpfen ist eine gerechte Sache. Und so war es. Die gerechte Sache allein, nur, kann mir nicht genug sein. Das Licht leuchtet nicht für sich allein, sondern für andere. Für die Schwachen und die Hilflosen. Ihnen sind wir, die im Licht wandeln, zu Dienst verpflichtet. Ihr Wohl zählt mehr als unser eigener Ruhm.
Ich spüre die Last meiner Aufgabe. Brysis beschritt den schwierigen Pfad und sie scheiterte. Ach, arme Brysis! Ich vermisse dich! Doch mir ist eine neue Gelegenheit geschenkt und ich werde sie nicht von mir weisen, wie die Fürsten des Hohen Netheril die Blinden und Krüppel der niederen Gossen. Ich muss mich anstrengen. Zu mir und zu Kräften finden. Vor mir sind vor Wut und Zorn rotglühende Eisenrohlinge. Naiv, ungeformt und selbstbezogen. Das Eisen will geschmiedet werden! In Form gebracht werden! Zu einer Einheit verschmolzen werden! Ein Bund. Ich werde einen Bund anbieten. Ein Grundstein, meine Rettung zu vergelten und diese Barbaren auf den Pfad der Tugendhaftigkeit und der Tapferkeit zu führen!
Fiat lux!